Digitale Datenbank
Digitale Datenbank der minderheitenrelevanten Rechtstexte aus dem europäischen Raum
Seit der politischen Wende 1989 ist das Nationalitäten- bzw. Minderheitenproblem mit Vehemenz wieder in das politische Bewusstsein Europas zurückgekehrt. Schnell wurde offenbar, dass ungelösten Minderheitenfragen ein Konfliktpotential innewohnt, das sich zu Kriegen hochsteigern kann – die Jugoslawienkrise, später die Kosovokrise und jüngst die Ukrainekrise sind beredte Beispiele dafür.
Deswegen haben sich bereits ab 1990 die maßgeblichen internationalen Regierungsorganisationen mit zunehmender Intensität des Themas angenommen. Zuerst die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE/OSZE), dann die vereinten Nationen und der Europarat, schließlich auch die EU (die sich aufgrund der jüngst erfolgreich abgeschlossenen Unterschriftensammlung für die Europäische Bürgerinitiative „Minority safepack“ demnächst vertieft mit dem Thema wird beschäftigen müssen).
Der bisherige Höhepunkt der Minderheitenpolitik in Europa war die Verabschiedung 1992 durch den Europarat der beiden Konvention „Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten“ (RÜ) und „Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen“ (SC).
Während diese beiden fundamentalen Texte problemlos im Internet – und sogar auf mehreren amtlichen Homepages – aufrufbar sind, sind eine Vielzahl von anderen rechtlichen Texten, die ebenfalls die Minderheitenproblematik behandeln und von hohem dokumentarischen und informativen Wert sind – nur erschwert oder überhaupt nicht (mehr) konsultierbar.
Die erschwerte Konsultation ergibt sich daraus, dass sich mittlerweile das Informationsverhalten (und die Informationsbedürfnisse) sowohl der breiten Bevölkerung als auch der Wissenschaft vollkommen geändert haben. Im Mittelpunkt steht die schnelle Verfügbarkeit jedweder Information über das Netz; Druckerzeugnisse oder gar Originalquellen sind in der Konsultierfrequenz deutlich zurückgegangen. Damit geht aber ein großer Informationsverlust einher. Einige wenige Beispiele sollen stellvertretend für eine große Anzahl an solchen Dokumenten genannt werden: der Entwurf eines Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention der FUEN (Ermacora/Pan 1992) war für die Redaktion des RÜ eine wichtige Grundlage; der Text ist aber elektronisch nicht konsultierbar. Ebenso nicht die Empfehlung 1201 (1993) des Europarats (Empfehlung für ein Zusatzprotokoll zur EMRK), oder der FUEN-Entwurf für eine Autonomie-Sonderkonvention von 1994. Ebenso nicht konsultierbar ist die Erläuternde Bericht zur Europarats-Kongressempfehlung 286 (2010) „Minderheitensprachen – ein wertvolles Gut für die Regionalentwicklung“, der aber inhaltlich den wichtigsten Teil der Empfehlung darstellt.
Das SVI verfügt durch seine frühe Beschäftigung mit der Minderheitenfrage, die weit über das Jahr 1989 zurück letztlich bis auf sein Gründungsjahr 1961 zurückgeht, über eine beachtliche Sammlung solcher Texte, die durch eine Digitalisierung wieder der internationalen Forschung leichter zugänglich gemacht werden.
Selbst für jene relevanten Texte, die mittlerweile im Netz verfügbar sind (z.B. die Entschlüsse der Venediger-Kommission), würde eine systematische Erfassung nach dem Vorbild eines Lex-Browsers die Funktionen einer sehr nützlichen Bibliographie übernehmen können und ist damit ein Desideratum ersten Ranges.